Ursprünglich floss die Hunte einmal als durchgängiges, tidegeprägtes Gewässer in mehreren Armen Richtung Stadt. Als vor ungefähr 100 Jahren der Neubau des vergrößerten Küstenkanals einen höheren Wasserbedarf für die Schleuse erforderte, sollte dieser über die Hunte gedeckt werden. Zu diesem Zweck wurde der bisherige Verlauf ab Wardenburg mittels Eindeichung höher gelegt und das heutige E-Werk als eine Art Staudamm errichtet.
Für fast alle Wanderfischarten - und das waren u.a. Nordseeschnäpel, Maifisch, Lachs, Meerforelle, Stint und Stör - war mit diesem Bauwerk jegliche Möglichkeit des Aufstiegs zu den Laichplätzen schlagartig abgeschnitten. Einzige Ausnahme war hier der Aal. Dessen Lebenszyklus scheint damals den Planern offenbar doch bekannt gewesen zu sein, denn tatsächlich ist in Fließrichtung ein kleiner Tunnel durch das ganze Gebäude angelegt. Um den Höhenunterschied zwischen Oberer und Unterer Hunte (je nach Tide bis zu ca. 5 m) für die ankommenden Glasaale passierbar zu machen, befindet sich in dem Tunnel eine lange Reihe abgestufter, gemauerter Becken, über die jeweils ein kleiner „Wasserfall“ nach unten fließt. Diese könnten die Glasaale mit ihrer geringen Größe jedoch kaum überwinden. Abhilfe schaffen hier zusätzlich eingebrachte Weidenrutenbündel, die den Strömungsdruck bremsen und so ein Hinaufschlängeln ermöglichen.
Diese Weidenruten zersetzen sich natürlich mit der Zeit und so ist es eine wiederkehrende Aufgabe der Gewässerwarte, hier bei Bedarf im Frühjahr für Ersatz zu sorgen. Die Arbeitsbedingungen dafür sind alles andere als komfortabel: eng, glitschig, wenig Licht, viele Wollhandkrabben. Umso anerkennungswürdiger ist es daher, dass diese regelmäßige Fronarbeit auch jetzt immer noch geleistet wird, wo doch das Aufkommen an Glasaalen zeitweilig so gut wie zusammengebrochen war. Die Gründe dafür liegen in der rücksichtslosen kommerziellen Überfischung und dem schwunghaften Handel mit Aallarven in Richtung Asien - das Ganze mit Gewinnspannen wie sonst wohl nur noch im Drogenhandel!
Diesjährige Meldungen aus Frankreich und den Niederlanden haben uns ermutigt, auch „unseren“ Aalpass wieder in Stand zu setzen. Vor allem ein oben angebrachter Kasten zur Regulierung der Durchflussmenge ist jetzt dauerhaft durch eine Neukonstruktion ersetzt worden. Unsererseits sind die Vorkehrungen für einen Glasaalaufstieg also wieder hergestellt; ob wir in den nächsten Jahren damit Erfolge verbuchen können? Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es doch . . .
Weitere Informationen über die Geschichte und Bedeutung des Elektrizitätswerks und der Aalaufstiegsanlage finden Sie auf den Seiten von Alt-Oldenburg und dem Bau_Werk e.V. (ALT-Oldenburg) (Bauwerk Oldenburg).